ein Beitrag von Rechtsreferendarin Sina Harms
Seit dem 24. November 2021 ist die Strafbarkeit für die Vorlage eines gefälschten Impfasses in einer Apotheke zur Ausstellung eines digitalen EU-Impfzertifikats gesetzlich festgeschrieben.Was gilt aber für die alte und bis zum 24. November 2021 geltende Rechtslage? Das Oberlandesgericht Celle hat nun entschieden: Das war Urkundenfälschung!
Was zuvor geschah
Nach der alten Rechtslage war zunächst umstritten, ob die Vorlage eines gefälschten Impfpasses in einer Apotheke strafbar ist oder nicht. § 279 Strafgesetzbuch alte Fassung (StGB a. F.) setzte für eine Strafbarkeit wegen des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse voraus, dass ein derartiges Gesundheitszeugnis (z.B. ein gefälschter Impfpass) zur Täuschung einer Behörde oder Versicherung eingesetzt wurde. Apotheken sind weder Behörden noch Versicherungen. Deshalb gelangten mehrere Gerichte zu der Auffassung, dass das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke nicht strafbar sei – so auch das Landgericht Osnabrück (Beschl. v. 26.10.2021 – 3 Qs 38/21). Danach scheide auch eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB aus, da diese schon abschließend von dem spezielleren § 279 StGB a.F. erfasst sei und verdrängt werde. Lediglich die Sicherstellung eines gefälschten Impfausweises sei möglich.
So weit, so gut. Und nun?
Zunächst gab es auf der Grundlage der Rechtsprechung des Landgerichts Osnabrück etliche Einstellungen, Nichteröffnungsbeschlüsse, Freisprüche. Auch unter einigen unserer Mandanten war die Freude groß. Nun aber hat das Oberlandesgericht Celle dieser Rechtsauffassung eine Absage erteilt:
Auch zu Beginn der Impfkampagne gegen das Coronavirus war die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke nach alter Rechtslage strafbar (Urt. V. 31.05.2022, Az.: 1 Ss 6/22).
Im zu entscheidenden Fall des Oberlandesgerichts Celle hatte das Amtsgericht Stade einen Mann freigesprochen, der einen gefälschten Impfausweis in einer Apotheke vorgelegt hatte. Dieses Urteil hob das Oberlandesgericht Celle auf und verwies den Fall an das Amtsgericht Stade zurück. Nach Ansicht der Richter aus Celle sperrt § 279 StGB a.F. die Anwendung des § 267 StGB nur, wenn sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 279 StGB a.F. erfüllt sind. Die Voraussetzungen des spezielleren § 279 StGB a.F. seien richtigerweise aber nicht erfüllt, da der gefälschte Impfpass einer Apotheke, und nicht wie vorausgesetzt einer Behörde oder Versicherung, vorgelegt worden sei. Mangels echter Spezialität sperre und verdränge § 279 StGB a.F. deshalb gerade nicht die Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB. Daher sei eine Vorlage eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke auch nach der alten Rechtslage zumindest als Urkundenfälschung strafbar.
Wie erklären wir das nur unseren Mandanten?
Es gibt zahlreiche unterschiedliche Gerichtsentscheidungen zur alten Rechtslage. Die einen sprechen sich für, die anderen gegen eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung aus. Es fällt aus diesem Grunde auch uns schwer, unseren Mandanten eine sichere Prognose über den Ausgang ihres Falles zu geben. Es bleibt spannend und abzuwarten, wie sich die höchstrichterliche Rechtsprechung hinsichtlich der Strafbarkeit zur Vorlage gefälschter Impfpässe nach alter Rechtslage positionieren wird.
Haben Sie eine Vorladung als Beschuldigter erhalten?
Wurde auch Ihnen der Vorwurf einer Urkundenfälschung oder gar Fälschung eines Gesundheitszeugnisses gemacht? Haben Sie einen gefälschten Impfpass in einer Apotheke vorgelegt? Machen Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden bitte keine Angaben und zögern Sie nicht, Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig und sein Team zu kontaktieren. H/T-Defensio hilft Ihnen gerne und steht Ihnen als verlässlicher Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung. Wir freuen uns, Sie an einem unserer Standorte – in Lüneburg, Hamburg, Dortmund, Köln, Münster, Kiel, Bremen, Hannover, Lübeck oder Osnabrück – begrüßen zu dürfen!