von: Rechtsreferendarin Elger-Günther
„Kartoffelwerfen ist keine Körperverletzung“? Witzig! Diese Headline löste Schmunzeln aus. Heißt das, man darf Personen, die einem gerade auf die Nerven gehen, ungestraft mit Kartoffeln bewerfen? Wohl eher nicht..
Hintergrund dieser Artikelüberschrift war ein Gewaltschutzverfahren beim Amtsgericht Frankfurt am Main am 16.11.2020 (Aktenzeichen: 456 F 5230/20 EAGS). Der achtjährige Antragsteller warf seiner Nachbarin vor, ihn mit Kartoffeln beworfen und damit am Rücken getroffen zu haben. Das Gericht führte aus, es sei nicht ersichtlich, „dass beim Antragsteller durch das behauptete Treffen mit einer geworfenen Kartoffel ein von seinen normalen körperlichen Funktionen abweichender Zustand hervorgerufen wurde“.
Was ist eine Körperverletzung?
Die Körperverletzung im Sinne des Strafgesetzbuchs kann in einer körperlichen Misshandlung oder einer Gesundheitsschädigung bestehen. Erstere wird definiert als eine üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine Gesundheitsschädigung liegt regelmäßig vor, wenn eine längere Heilungszeit zur völligen Genesung notwendig ist. Beide Varianten setzen die Überschreitung einer gewissen Erheblichkeit voraus. Leichte Hämatome, so die überwiegende Auffassung, reichen in der Regel nicht aus.
Weil der Antragsteller keine durch den Kartoffelwurf erlittenen Verletzungen geltend gemacht hatte, hat das Gericht eine Körperverletzung verneint. Anscheinend war der Wurf nicht sehr heftig.
Es ist aber denkbar, dass ein kräftiger Wurf mit einer großen, schweren Kartoffel mitten auf die Nase eine strafrechtlich relevante Körperverletzung sein kann. Dazu dürften weitere Faktoren von Bedeutung sein, etwa Alter des Opfers, dessen generelle gesundheitliche Konstitution, Intensität von Wurf und Aufprall oder auch, welche Körperregion getroffen wird. Insoweit könnte sogar theoretisch eine gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeuges nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB in Betracht kommen. Ein gefährliches Werkzeug definiert der Jurist als jeden körperlichen Gegenstand, der bei der konkreten Art der Benutzung und des Körperteils, gegen den er gewendet wird, geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen. So absurd es auch anmutet, eine an sich harmlose Kartoffel kann, je nach Art der Benutzung, zu einem gefährlichen Werkzeug mutieren.
Fazit:
Nicht jeder Wurf mit einer Kartoffel beliebiger Größe bleibt straffrei. Stets ist der Einzelfall mit sämtlichen Umständen zu betrachten. Also besser nicht die lauten Nachbarskinder achtlos mit Gemüse bewerfen. Atmen Sie lieber einmal tief durch und denken Sie daran, dass auch Sie einmal klein waren.