von: Rechtsreferendarin Svenja Dörge
Bundesweit laufen momentan tausende Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit gefälschten Impfpässen. Aber wie ist eigentlich die Rechtslage?
Der Impfpass hat in der Corona-Pandemie erheblich an Bedeutung gewonnen. Er ist eine Eintrittskarte in die Normalität, sofern die vollständige Corona-Impfung eingetragen ist. Die mittlerweile vielerorts verschärften Corona-Regeln (2G statt 3G) erhöhen den Druck auf Ungeimpfte. Es verwundert daher nicht, dass die Delikte im Zusammenhang mit gefälschten Impfpässen in den letzten Monaten stark zugenommen haben. Der Markt für gefälschte Impfpässe boomt. Die Beschaffung von Fälschungen ist über diverse Internet-Plattformen ist ohne besonderen Aufwand möglich. Doch ist das Fälschen von Impfpässen oder das Verwenden eines gefälschten Impfpasses nach derzeitiger Rechtslage strafbar?
Aktuelle Rechtslage ist verworren
Hinsichtlich dieses neuen Deliktsfeldes ist die geltende Rechtslage nicht eindeutig. Zum einen kommt für Privatpersonen, die eine Eintragung im Impfpass verfälschen (z.B. Fälschung der Unterschrift/des Stempels eines Arztes), eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB in Betracht. Gleiches gilt für das Verwenden eines gefälschten Impfpasses (z.B. Vorzeigen im Restaurant).
Da es sich bei Impfpässen rechtlich gesehen auch um Gesundheitszeugnisse handelt, richtet sich die Strafbarkeit jedoch grundsätzlich nach den Spezialregelungen der §§ 277, 279 StGB. Allerdings setzen diese voraus, dass der gefälschte Impfpass einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft vorgelegt wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Reiserückkehrer einem Grenzbeamten einen gefälschten Impfpass zur Wiedereinreise vorzeigt.
Sonderfall: Ein Arzt, der vorsätzlich eine Impfung bescheinigt, obwohl der Betroffene nicht geimpft ist, macht sich gemäß § 75a Abs. 1 IfSG strafbar. Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
Gebrauch von gefälschten Impfpässen im privaten Bereich straflos?
Entscheidend ist also, wem der gefälschte Impfpass vorgelegt wird. Wird der Impfpass beispielsweise in Restaurants, Apotheken oder bei Konzerten verwendet, scheidet nach herrschender Meinung eine Strafbarkeit wegen Gebrauchens unrichtiger Gesundheitszeugnisse aus, da es sich weder um Behörden noch um Versicherungsgesellschaften handelt.
Ob das Fälschen von Impfpässen sowie das Verwenden gefälschter Impfpässe im Privatbereich damit straffrei ist, wird unter Juristen nicht einheitlich beurteilt.
Einerseits wird die Ansicht vertreten, das deutsche Recht weise in diesem Zusammenhang eine „Strafbarkeitslücke“ auf. So vertritt das Landgericht Osnabrück in seinem Beschluss vom 26.10.2021 – 3 Qs 38/21 – die Auffassung, dass das Vorlegen eines gefälschten Impfausweises nur eine Straftat sei, wenn dies gegenüber Behörden geschieht, nicht aber in Apotheken. Der allgemeine Tatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) ist durch § 279 StGB gesperrt, da dieser Tatbestand eine sogenannte Privilegierung darstelle.
Andere Auffassungen halten jedoch in diesen Fällen den allgemeinen § 267 StGB für anwendbar, welcher mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ein deutlich höheres Strafmaß vorsieht als die §§ 277 ff. StGB.
(Härtere) Strafen für Impfpass-Fälscher geplant
Um die angebliche Strafbarkeitslücke zu schließen, sieht ein Gesetzesentwurf von SPD, Grüne und FDP u.a. verschiedene Änderungen und Ergänzungen der o.g. strafrechtlichen Vorschriften vor. So soll die Eintragung unrichtiger Impfdokumentationen in Blankett-Impfausweisen ausdrücklich unter Strafe gestellt werden. Zudem soll in den §§ 277-279 StGB die Begrenzung des Kreises von Täuschungsadressaten entfallen.
Auch die CDU/CSU hat bereits einen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht. Danach soll u.a. die bisherige Privilegierung der §§ 277 ff. StGB entfallen und der Strafrahmen der §§ 277-279 StGB angehoben werden.
Vorladung oder Anhörungsbogen erhalten – was tun?
Wenn Sie eine Vorladung oder einen Anhörungsbogen wegen des Vorwurfs der Urkundenfälschung/Fälschung von Gesundheitszeugnissen erhalten haben: Bewahren Sie Ruhe. Äußern Sie sich nicht und kontaktieren Sie einen Anwalt! Egal ob schuldig oder unschuldig. Unabhängig von der oben dargestellten Rechtslage droht eine Anklage, gerade weil die Rechtslage nicht abschließend geklärt ist.
Wenden Sie sich gerne an unser Verteidigerteam. Durch unsere Beschäftigung mit der aktuellen Rechtslage, der juristischen Wissenschaft und dem regen Austausch in unserem Team sind wir dazu in der Lage, Ihnen auch bei ungewöhnlichen oder neuartigen Vorwürfen die beste Verteidigung zu bieten.
Nach einem informatorischen Erstgespräch können wir Akteneinsicht beantragen. Dann können wir Ihnen eine realistische Einschätzung des Falls geben und gemeinsam mit Ihnen die Verteidigungsstrategie entwerfen, um eine Verurteilung zu verhindern. Oftmals kann das Verfahren bei rechtzeitiger Mandatierung schriftlich und ohne Eintragung im Führungszeugnis erledigt werden.