von: Rechtsreferendarin Nele Sievers
Zu schnell gefahren, Blitzer übersehen, Bußgeld bezahlt – das kennt wahrscheinlich jeder Autofahrer. Reflektierende Folien oder Sprays auf dem Kennzeichen sind eine verlockende Methode, um unerwünschte Post in Zukunft zu vermeiden.
Ist das Kfz-Kennzeichen eine Urkunde?
Eine Urkunde ist eine verkörperte Gedankenerklärung. Sie muss den Aussteller erkennen lassen und dazu geeignet sein, Beweis über Rechtstatsachen zu erbringen. Bei einem Kfz-Kennzeichen handelt es sich in Verbindung mit dem PKW um eine sogenannte zusammengesetzte Urkunde. Es verkörpert die Erklärung der Zulassungsstelle, dass das Kraftfahrzeug für einen bestimmten Halter zugelassen worden ist.
Überkleben begründet keine Urkundenfälschung:
Ob eine Urkundenfälschung vorliegt, bemisst sich nach den Maßstäben des §267 StGB. Danach muss eine unechte Urkunde hergestellt oder eine echte Urkunde verfälscht worden sein. Bei der Anti-Blitzer-Folie kommt nur ein Verfälschen in Betracht. Der Erklärungsgehalt des Kennzeichens wird durch angebrachte Reflektoren aber nicht verändert. Lediglich die Ablesbarkeit ist dadurch beeinträchtigt.
Voraussetzungen einer Urkundenunterdrückung:
Nach §274 Abs.1 StGB macht sich strafbar, wer eine Urkunde, die ihm nicht (ausschließlich) gehört, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt. Dabei kommt es nicht auf das Eigentum, sondern auf das alleinige Verfügungsrecht an. Täter kann daher grundsätzlich auch der Eigentümer einer Urkunde sein. Unterdrücken setzt voraus, dass die Urkunde dem Berechtigten zu Beweiszwecken entzogen wird. Der Täter muss dabei in der Absicht gehandelt haben, jemand anderem einen Nachteil zuzufügen.
Wem „gehört“ das Kfz-Kennzeichen?
Bei amtlichen Kfz-Kennzeichen besteht kein ausschließliches Beweisführungsrecht des PKW-Halters. Beweisführungsberechtigt ist auch die Behörde, da auch sie ein berechtigtes Interesse daran hat.
Unterdrückung eines Kfz-Kennzeichens
Ob das Überkleben des Kfz-Kennzeichens tatsächlich ein Unterdrücken ist, wird in der Rechtsprechung keinesfalls konsequent entschieden. Einerseits ist schon umstritten, wie ein Unterdrücken ohne veränderten Erklärungsinhalt möglich sein soll. Auch ist problematisch, dass in der Vereitelung eines Bußgelds nicht zwingend auch die Absicht liegt, einem anderen einen Nachteil zuzufügen. (BayObLG, Beschluss vom 25.11.1998 – 2 St RR 133/98).
Fakt ist: Es droht die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und Sie sollten bei diesem Vorwurf anwaltliche Hilfe von einem Fachanwalt/Fachanwältin für Strafrecht in Anspruch nehmen. Bei guter Argumentation bestehen Chancen, eine Einstellung schriftlich durchzusetzen.
Ist der Einsatz von Reflektoren zu empfehlen?
Auch außerhalb des StGB kommen Straftatbestände in Betracht. Gemäß §22 StVG ist Kennzeichenmissbrauch eine Tat, die mit Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden kann. Dafür genügt es, wenn der das Kennzeichen verdeckt oder in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt wird. Es kommt nicht darauf an, ob das Fahrzeug tatsächlich gefahren oder geblitzt wird. Das Anbringen von reflektierenden Mitteln erfüllt daher den Tatbestand des §22 Abs.1 Nr.3 StVG (so auch das BayObLG in seinem Beschluss).
Daher sollten Sie keinesfalls Veränderungen an Ihrem amtlichen Kennzeichen vornehmen. Vertrauen Sie auch Internetanbietern nicht, die behaupten ihre Aufkleber seien legal.
Was wir Ihnen raten:
Sollten Sie bereits mit einer Anzeige konfrontiert sein, ist es ratsam, zeitnah einen Anwalt aufzusuchen. Kontaktieren Sie gern die Fachanwalt für Strafrecht Dr. Jonas Hennig und sein Team. Defensio-Verteidiger übernehmen die Vertretung in Verkehrsstrafsachen bundesweit.