Containern, auch Dumpstern oder Mülltauchen genannt, meint die Mitnahme weggeworfener Lebensmittel aus Abfallcontainern, zum Beispiel aus Supermärkten. Das Containern ist als Diebstahl strafbar, so hat das Amtsgericht Fürstenfeldbruck jetzt entschieden.
Ja, Containern ist strafbar!
Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck hat am 30. Januar 2019 zwei junge Studentinnen wegen „Containern“ für schuldig gesprochen. Der Richter verurteilte die beiden wegen gemeinschaftlichen Diebstahls von weggeworfenen Lebensmitteln aus einem Supermarkt-Container zu einer Geldstrafe von 225 € unter Vorbehalt und jeweils 8 Stunden gemeinnütziger Arbeit bei der Tafel. Die Bewährung läuft auf zwei Jahre.
Zwei Studentinnen und ein Strafantrag wegen Diebstahls
Laut Anklage hatten die Studentinnen im vergangenen Juni nachts Gemüse und andere Lebensmittel aus einem Müllcontainer in Olching mitgenommen und wurden dabei von Polizeibeamten gefasst. Den frei zugänglichen und mit einem einfachen Verriegelungsschloss versperrten Container sollen die Studentinnen beim Mülltauchen mit einem Vierkantschlüssel geöffnet haben, so der Vorwurf. Die Lebensmittel, die in ihren Rucksäcken aufgefunden wurden, sollen einen Wert von rund 100 € aufweisen. Der Marktleiter hatte Strafantrag wegen Diebstahls und gestellt und eine Strafe gefordert. Gegenüber der Polizei positionierten sich die Studentinnen am Tattag so, dass sie durch das Containern auf Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen wollten. Vor Gericht schwiegen die jungen Frauen.
Zunächst Geldstrafe i.H.v. 1.200 € für Containern angedacht
Die Staatsanwaltschaft hat das Verhalten der Angeklagten (Containern) als gemeinschaftlichen Diebstahl in einem besonders schweren Fall eingestuft. Zunächst bot sie den jungen Frauen eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von jeweils 1.200 € zugunsten der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck an. Auch hierzu schwiegen die Studentinnen. Nachdem das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Strafbefehle mit einer Geldstrafe in selbiger Höhe erlassen hatte, legten die Studentinnen Einspruch ein.
Warum ist Containern strafbar?
In einer schriftlichen Einlassung hatten die Studentinnen gegenüber dem Amtsgericht verdeutlicht, dass ihres Erachtens kein Diebstahl vorläge, da der Lebensmittelmarkt durch das Aussortieren der Ware zur Entsorgung sein Eigentum aufgebe und daher kein Schaden gegeben sei.
Vor dem Hintergrund, dass durch ihr Verhalten die Aufmerksamkeit auf einen kritikwürdigen Umgang der Gesellschaft mit Lebensmitteln gelenkt sei, bestehe auch kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung. Von einer Strafe könne folglich abgesehen werden.
Containern = Diebstahl
Nimmt man diese Problematik juristisch genauer unter die Lupe, so ist der Vorwurf eines strafbaren Verhaltens durchaus legitim. Zwar sieht es auf den ersten Blick so aus, als ob der Eigentümer durch die Entsorgung sein Eigentum an den Lebensmitteln aufgibt. Jedoch sprechen mehrere Gründe dafür, dass sich Supermarktbetreiber des Abfalls bis zur Abholung gerade nicht entledigen wollen. So ist davon auszugehen, dass die meisten Supermarktbetreiber die älteren Lebensmittel nicht verschenken wollen, da sich dies auf seine Verkaufserlöse auswirken könnte. Ebenso verdeutlicht die Sicherung der Container mit Schlössern, dass das Eigentum nicht aufgegeben werden soll. Tonnen mit Lebensmittelresten aus Supermärkten sind stets gesondert verschlossen – auch aus zivilrechtlichen Aspekten. Ein Diebstahl gem. § 242 StGB kommt somit durchaus in Betracht.
Werden die Container aufgebrochen, so steht formaljuristisch eine Strafbarkeit wegen eines besonders schweren Falls des Diebstahls (§§ 242, 243 StGB) sowie einer Sachbeschädigung (§ 303 StGB) im Raum.
Containern stellt oftmals auch einen Hausfriedensbruch dar
Auch wird beim unberechtigten Betreten eingefriedeter Grundstücke der Tatbestand des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) erfüllt, der ebenfalls unter Strafe gestellt ist.
Ist eine Strafe für Containern sinnvoll?
Zuletzt muss aus rechtspolitischer Sicht erwähnt bleiben, dass Containern vielleicht strafbar sein mag, aber strafwürdig eher nicht. Dies erkennen auch die Strafverfolger, die in solchen Verfahren großzügig von ihrer Einstellungsmöglichkeit nach der Strafprozessordnung Gebrauch machen (vgl. LG Aachen, Az. 94 Ns 15/13). Bei einer Einstellung bleibt eine Strafe aus.
In der Politik werden nach diesem Urteil Stimmen laut, dass der Staatsanwaltschaft „eine allgemeine Weisung erteilt werden muss, dass die Politik gegen Lebensmittelverschwendung zum Handeln der Staatsanwaltschaft passen muss“ (Renate Künast/Grüne). Eine engere Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen sei hier von Nöten. Auch fordert sie zurecht ein Umdenken der Gesellschaft bei solchen Themen, die schlussendlich uns alle betreffen.
Strafverteidiger Dr. Hennig
Sollten Sie des Diebstahls oder des Diebstahls in einem besonders schweren Fall beschuldigt sein, können Sie jederzeit Strafverteidiger und Fachanwalt für Strafrecht Dr. Jonas Hennig kontaktieren. Als Anwalt für Strafrecht in Lüneburg, Hamburg, Kiel, Lübeck und Hannover hat Dr. Hennig bereits unzählige Strafverfahren betreut und ist ausschließlich auf das Strafrecht spezialisiert, was eine hohe Qualität seiner strafrechtlichen Arbeit gewährleistet.
Ein Bericht von Rechtsreferendarin Esra Odabasi