Eine spannende (und für angehende Juristen) examensrelevante Entscheidung hatte der BGH kürzlich veröffentlicht (BGH 2 StR 154/17).
Der Sachverhalt
Der Zeuge B begab sich in eine Bank, um am Bankautomaten Geld abzuheben. Nachdem er seine Bankkarte eingeschoben und die PIN eingegeben hatte, trat der Angeklagte A auf den B zu, stieß ihn vom Automaten weg, wählte einen Auszahlungsbetrag von 500 €, nahm das ausgezahlte Geld an sich und entfernte sich.
Der BGH prüfte hier zunächst eine Strafbarkeit wegen Raubes gemäß § 249 I StGB:
Bei den erbeuteten Geldscheinen handelt es sich für A um fremde bewegliche Sachen. Erforderlich ist hier eine zivilrechtliche Prüfung der Eigentumslage. Die Geldscheine standen zunächst im Eigentum der Sparkasse. Die Bank hat diese jedoch nicht nach § 929 S. 1 BGB an den A übereignet. Zwar ist mit der automatisierten Ausgabe des Geldes ein Angebot zur dinglichen Einigung verbunden. Dieses Angebot richtet sich aber nur an den Kontoinhaber, nicht an einen unberechtigten Nutzer des Geldautomaten (BGH aaO Rn. 9, 10). Das Geld war somit für den A fremd.
Es liegt jedoch keine Wegnahme im Sinne des § 249 I StGB vor. Vorliegend wurde der Geldautomat technisch ordnungsgemäß bedient. Die tatsächliche Ausgabe des Geldes erfolgte daher mit dem Willen der Bank. Insoweit besteht also ein Unterschied zwischen dem tatsächlichen Vorgang der Herausgabe des Geldes und dem rechtsgeschäftlichen Angebot auf Übereignung (BGH aaO Rn. 12). Es liegt somit kein Bruch fremden Gewahrsams und damit keine Wegnahme vor. Obwohl der BGH anders als die Literatur beim Wegnahmebegriff des Raubes grds. nicht auf die Willensrichtung des Opfers, sondern allein auf das äußere Erscheinungsbild abstellt, wird bei einem wie hier bestehenden tatbestandsauschließendem Einverständnis eine Wegnahme verneint.
Mangels Wegnahme hat sich A daher nicht wegen Raubes strafbar gemacht.
Allerdings liegt eine räuberische Erpressung gemäß § 253, 255 StGB vor (BGH aaO Rn. 16):
A hat Gewalt gegen B angewendet, indem er diesen vom Geldautomaten weggestoßen hat. Er hat ihn dadurch gezwungen, die Eingabe des Auszahlungsbetrags und die Herausnahme der Geldscheine zu dulden. B hat dadurch auch einen Vermögensschaden erlitten: Sein Konto wurde dem entsprechenden Betrag (500 €) belastet, allerdings hat er die ihm von der Sparkasse zur Übereignung angebotenen Geldscheine nicht erhalten. A handelte hier auch vorsätzlich und mit der entsprechenden Absicht rechtswidriger Bereicherung.
Der Fall lässt sich aufgrund des kurzen und überschaubaren Sachverhalts ideal in jede Examensklausur einbauen und dürfte insbesondere wegen der Bezüge zum Zivilrecht für Klausurersteller interessant sein.
Ein Beitrag von Rechtsreferendar Daniel Otto