9. Mai 2018

Die Diskussion um die Werbung für Schwangerschaftsabbrüchen – Eine rechtswidrige Bevormundung der Hilfsbereiten

Jüngst ist erneut ein Streit um die strafrechtliche Behandlung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland entbrannt. Insbesondere wird die Stimme in einigen politischen Parteien für eine Abschaffung des § 219a StGB laut, des Verbots der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche. Es folgt eine Darstellung der jetzigen Gesetzeslage und der vorgeschlagenen Reform:

 

Der Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland grundsätzlich – das heißt es gibt Ausnahmen –strafbar. Dies folgt aus § 218 StGB. Es ist sowohl für die Schwangere selbst, als auch für einen behandelnden Arzt strafbar, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, wobei der Schwangeren selbst eine Strafmilderung gewährt wird.

 

Von dieser grundsätzlichen Strafbarkeit wird abgewichen, soweit die Voraussetzungen der §§ 218a ff. StGB erfüllt werden.  Hierzu gehört unter anderem eine ausführliche Beratung; zudem muss der Schwangerschaftsabbruch innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis erfolgen. Bereits an dieser Stelle wird deutlich, mit welcher Zielstrebigkeit der Gesetzgeber Frauen davon abhalten will, frei über ihren Körper und ihre Gesundheit entscheiden zu können. So hat sich gemäß § 219 Abs. 1 StGB die Beratung „von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen“. Statt einer Beratung wird von dem Gesetzgeber verlangt, der Schwangeren in einer besonders belastenden Konfliktlage aktiv eine Entscheidung aufzudrängen. Es ist gut nachvollziehbar, dass eine Frau zur Schwangerschaft ermutigt werden soll. Eine solche Regelung gehört jedoch nicht in das Strafrecht. Das Strafrecht hat ultima ratio-Funktion (äußerstes Mittel) und soll grundsätzlich nicht dazu dienen bestimmte, streitige Geisteshaltungen aufzuzwingen.

 

Noch deutlicher wird dieses strafrechtsfremde Bestreben angesichts des § 219a Strafgesetzbuch. Dort wird unter anderem unter Strafe gestellt, wer eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs anbietet. So ist aktuell die Ärztin Kristina Hänel ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten, weil sie auf der Internetseite ihrer Praxis Besucher darüber informiert hatte, wie Schwangerschaftsabbrüche erfolgen können.

 

Die §§ 218 ff. Strafgesetzbuch dienen dem Schutz des ungeborenen Lebens. Diese Schutzpflicht wird aus Art. 2 des Grundgesetzes abgeleitet: Jeder hat ein Recht auf Leben. Dieser Pflicht wird aber durch § 219a StGB in keiner Weise gedient. Ganz im Gegenteil wird auf Kosten der Gesundheit aller Schwangeren von Ärzten verlangt, keine Information preisgeben zu dürfen.

 

Das Maß dieser Bevormundung wird aber erst deutlich, wenn einem das Verhältnis zwischen § 219a StGB und der ausnahmsweisen Straflosigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen bewusst wird. Auch die Werbung für bzw. Information über legale Schwangerschaftsabbrüche wird von § 219a StGB unter Strafe gestellt. Es besteht insoweit kein Zweifel, dass Kristina Hänel nur unter Einhaltung der oben genannten Normen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen hätte. Strafbar im Sinne des § 219a StGB verhält sich demnach auch jemand, der ein strafloses Verhalten ankündigt. Dieser Widerspruch ist der Kern des § 219a StGB. Die Norm ist systematischer und kriminologischer Unsinn. Sie ist darüber hinaus verfassungsrechtlich bedenklich.

 

WirdIhnen eine Straftat aus diesem Deliktsbereich vorgeworfen, wenden Sie sich vertrauensvoll an Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig und Strafverteidiger Christian Albrecht, die diskret und mit großem Engagement für die Durchsetzung ihrer Rechte kämpfen werden.

 

Ein Beitrag von Rechtsreferendar Christoph Marotzke