Die Arbeitsüberlastung eines Gerichts kann eine überlange Untersuchungshaft nicht rechtfertigen. So entschied vor kurzem das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 11.06.2018, Az. 2 BvR 819/18).
Der Beschuldigte wurde im November 2016 in Untersuchungshaft genommen. Grund hierfür war unter anderem der Verdacht der schweren räuberischen Erpressung und der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Erst 20 Monate später kam es in dieser Sache zur Hauptverhandlung. Grund hierfür war die Überlastung des Gerichts. Ein früherer Prozessbeginn sei aufgrund der Arbeitsüberlastung nicht möglich gewesen. Der Prozess zog sich auch in der Folgezeit noch in die Länge, ein Ende ist erst 2019 in Sicht. Einen Haftprüfungsantrag wies das zuständige Landgericht zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht als unbegründet.
Gegen den Beschluss legte der Beschwerdeführer erfolgreich Verfassungsbeschwerde ein. Die Richter entschieden, dass die überlange Untersuchungshaft gegen das Grundrecht der Freiheit der Person aus Art. 2 II S. 2 GG verstoße. Grundsätzlich dürfe nur einem rechtskräftig Verurteilten die Freiheit entzogen werden. Der Freiheitsentzug eines lediglich Verdächtigen dürfe nur ausnahmsweise im Rahmen der Untersuchungshaft erfolgen. Die Gerichte sind deshalb verpflichtet das Verfahren mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen. Die Arbeitsüberlastung der Gerichte liegt nicht im Verantwortungsbereich des Beschuldigten. Die Schuld treffe die staatlich verfasste Gemeinschaft. Einem Beschuldigten dürfe eine unangemessen lange Aufrechterhaltung der U-Haft nicht deshalb zugemutet werden, weil der Staat es versäumt, seiner Pflicht zur rechtzeitigen verfassungsgemäßen Ausstattung der Gerichte zu genügen.
Eine erfreuliche Entscheidung. Die Freiheitsentziehung stellt einen der schwerwiegendsten Grundrechtseingriffe überhaupt dar. Bis zur Verurteilung gilt für jeden Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Aus diesen Gründen müssen Ermittlungsbehörden und Gerichte besonders beschleunigt zu einem Abschluss des Verfahrens kommen, wenn ein Beschuldigter in Untersuchungshaft sitzt. Der Beschuldigte darf nicht Leidtragender der Arbeitsüberlastung des Gerichts sein.
Ein Beitrag von Rechtsreferendar David Hölldobler
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