von: Rechtsreferendarin Svenja Dörge
Die Anzahl der Betroffenen von Cybermobbing nimmt immer mehr zu. Wie ist die Rechtslage?
Als Folge der COVID-19-Pandemie erreicht die Nutzung digitaler Medien ein noch nie dagewesenes Ausmaß. Digitale Kommunikation informiert, vernetzt und erleichtert den Alltag in vielerlei Hinsicht. Zugleich bieten das Internet und soziale Netzwerke Einfallstore für illegales Verhalten unter dem Deckmantel der Anonymität. Zu den modifizierten Kriminalitätsformen zählt auch das Cybermobbing. Es umfasst Beleidigungen, Bloßstellungen, üble Nachrede, Hänseleien, Bedrohungen oder Ausgrenzungen. Häufig werden peinliche Bilder oder Videos verbreitet. Laut einer Studie vom Bündnis gegen Cybermobbing e.V. ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die von Cybermobbing betroffen sind, von 2017 bis 2020 um mehr als ein Drittel gestiegen. Doch wie wird Cybermobbing strafrechtlich beurteilt?
Fehlende Strafmündigkeit als Strafverfolgungshindernis
Cybermobbing tritt in den unterschiedlichsten Lebensbereichen auf – in der Arbeitswelt, aber auch im privaten Bereich. Ein besonders hohes Cybermobbingrisiko besteht bei Kindern und Jugendlichen. Sofern sich die Identität des Mobbenden ermitteln lässt, ist zu beachten, dass der Täter strafmündig sein muss. Ist eine Person unter 14 Jahren für die Mobbinghandlungen verantwortlich, darf gegen diese Person kein Strafverfahren durchgeführt werden.
Strafmündigkeit: Gemäß § 19 StGB sind Personen unter 14 Jahren nicht schuldfähig und damit strafunmündig. Sie müssen – jedenfalls vor Gericht – noch nicht die Verantwortung für ihre Straftaten übernehmen.
Welche Straftatbestände kommen bei Cybermobbing in Betracht?
Aktuell gibt es weder für Mobbing noch für Cybermobbing einen gesonderten Straftatbestand. Je nach Art und Ausführung des Cybermobbings kommen lediglich für einzelne Handlungen Tatbestände in Betracht, insbesondere:
- Ehrverletzungsdelikte, §§ 185 ff. StGB
Ehrverletzende Äußerungen sind im digitalen Raum sehr häufig zu beobachten und als Teil des Cybermobbings auch unter dem Begriff „Flaming“ bekannt. Vom Anwendungsbereich der §§ 185-187 StGB sind alle ehrverletzenden Äußerungen umfasst, sofern es sich nicht um Tatsachenbehauptungen handelt.
So ist zu unterscheiden: Das Tätigen wahrer Aussagen oder das Veröffentlichen von Fotos in peinlichen oder unangenehmen Situationen, kann, auch wenn es die Ehre des Betroffenen verletzt, nicht als Beleidigung gem. § 185 StGB, Verleumdung gem. § 187 StGB oder üble Nachrede gem. § 186 StGB gewertet werden. Bei unwahren und herabwürdigen Behauptungen, kommt der Straftatbestand der üblen Nachrede oder Verleumdung in Betracht.
- Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches, § 201a StGB
Geschieht das Cybermobbing unter Einbeziehung von Bildaufnahmen, die den höchstpersönlichen Lebensbereich des Betroffenen verletzen, kommt der Tatbestand des § 201a StGB in Betracht. Der räumliche Anwendungsbereich des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB wird allerdings um das Tatbestandsmerkmal „Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum“ beschränkt. Sobald sich die abgebildete Person jedoch an einem der Öffentlichkeit zugänglichen Ort befindet, wird das Herstellen oder Veröffentlichen der Bildaufnahme nicht von diesem Straftatbestand erfasst.
- Freiheitsdelikte, §§ 238 ff. StGB
Nimmt der Mobbende über einen längeren Zeitraum immer wieder Kontakt zum Opfer auf, ist ggf. der Straftatbestand der Nachstellung gem. § 238 StGB (Stalking) erfüllt. Nicht selten wird beim Cybermobbing auch der Tatbestand der Bedrohung gem. § 241 StGB oder der Nötigung gem. § 240 StGB verwirklicht.
Vorladung oder Anhörungsbogen erhalten – was tun?
Wenn Sie eine Vorladung oder einen Anhörungsbogen wegen des Vorwurfs einer Internetstraftat erhalten haben: Bewahren Sie Ruhe. Äußern Sie sich nicht und kontaktieren Sie einen Anwalt!
Wenden Sie sich gerne an unser Verteidigerteam. Durch unsere Beschäftigung mit der aktuellen Rechtslage, der juristischen Wissenschaft und dem regen Austausch in unserem Team sind wir dazu in der Lage, Ihnen auch bei ungewöhnlichen oder neuartigen Vorwürfen die beste Verteidigung zu bieten.
Gerne geben wir zu Ihrem Fall eine unverbindliche Ersteinschätzung ab und beantragen für Sie Akteneinsicht. Anschließend wissen wir genau, über welche Informationen und welche Daten aus dem Internet die Ermittlungsbehörde verfügt und welche Verteidigungschancen sich bieten.
HT Defensio verteidigt bundesweit in großen und kleinen Verfahren.