„Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.“
So formuliert § 2 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) das Vollzugsziel der Resozialisierung. Vor diesem Hintergrund muss die aktuelle Diskussion um die Gestaltung eines richtungsweisenden Resozialisierungsgesetzes in Hamburg beleuchtet werden.
Dabei wird aus dem Gesetzeswortlaut des StVollzG durch die eindeutige Bezeichnung als „Vollzugsziel“ deutlich, dass die Resozialisierung des Gefangenen alleiniges Vollzugsziel ist. Dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten hingegen kommt keine primäre Bedeutung zu.
Angesichts der hohen Rückfallquote – etwa die Hälfte der entlassenen Häftlinge werden wieder rückfällig – werden die Möglichkeiten deutlich, die eine gelungene Hamburger Regelung der Resozialisierung als Modellcharakter auch für andere Bundesländer bieten könnte. Der Vollzug selbst scheint dabei in seiner Ausgestaltung nicht ausreichend erfolgsversprechend – trotz der in § 3 StVollzG geregelten Grundsätze:
Nach dem Angleichungsgrundsatzsollen die Verhältnisse innerhalb der JVA möglichst denen der Außenwelt entsprechen, nach dem Gegensteuerungsgrundsatzwird den schädlichen Folgen der Haft durch Besuche oder Vollzugslockerung entgegengewirkt und nach dem Wiedereingliederungsgrundsatzsoll auf das Leben nach der Haft vorbereitet werden.
Die modellhafte Funktion des Hamburger Gesetzesvorhabens betont auch der Honorarprofessor der Leuphana Universität Lüneburg Bernd Maelicke.
Seit der Föderalismusreform 2006 hat nämlich bisher lediglich das Saarland ein eigenes Resozialisierungsgesetz, das Gesetz zur ambulanten Resozialisierung und Opferhilfe (AROG), beschlossen. Insbesondere soll in dem Hamburger Gesetz ein sogenanntes Übergangsmanagement, welches sechs Monate vor der Haftentlassung beginnt und danach weitere sechs Monate fortgeführt wird, Gefangene noch besser darauf vorbereiten, ein Leben ohne Straftaten zu führen. Diese Verknüpfung von stationären und ambulanten Maßnahmen ist laut Justizsenator Dr. Till Steffen in Deutschland einzigartig. Den Gefangenen soll nach der Haftentlassung ein „Netzwerk unterstützender und aufeinander abgestimmter Hilfeangebote an die Seite gestellt werden, damit sie nicht vom Weg abkommen.“ Die Inanspruchnahme der Hilfen nach dem Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz soll auf freiwilliger Basis erfolgen.
Maelicke verschickte nun gemeinsam mit Professor, Bernd-Rüdeger Sonnen, einen Alternativentwurf unter anderem an die Sozialsenatorin Leonhard sowie an alle Vorsitzenden der sechs Fraktionen in der Bürgerschaft. Sie fordern die Entwicklung und Realisierung eines nicht nur halbherzigen Gesamtkonzepts ambulanter und stationärer Resozialisierung und Opferhilfe, zudem eine Reduktion der Ersatzfreiheitsstrafen, um einen leistungsfähigen Strafvollzug sicherstellen zu können. Auch an dem Konzept der Bewährungshilfe üben die beiden Kritik.
Abzuwarten bleibt, wie die Bürgerschaft nach der Sommerpause abstimmt und ob der scheinbare Wille des Gesetzgebers einen Strafvollzug zu schaffen, der tatsächlich Resozialisierung fördert, tatsächlich irgendwann Realität wird.
Ein Beitrag von Rechtsreferendarin Carla Kohl