SEXUALSTRAFRECHT

Sexuelle Belästigung

Im Gesetz heißt es zur sexuellen Belästigung in § 184 i StGB:

Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist.

 

 

Was ist eine sexuelle Belästigung? Definition und Beispiele

Laut Definition sexueller Belästigung gemäß § 184 i StGB macht sich derjenige, der eine andere Person in sexuell bestimmter Weise berührt und dadurch belästigt, wegen sexueller Belästigung strafbar. Findet ein direkter sexueller Kontakt gegen den Willen der anderen Person statt, kann der Straftatbestand des sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 1 StGB erfüllt sein.

Der Tatbestand der sexuellen Belästigung ist extrem weit gefasst und unbestimmt. Grundsätzlichen müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Sexuelle Handlung mit einer Berührung
  • Kein Einverständnis des Gegenübers
  • Belästigungserfolg beim Gegenüber
  • Vorsatz

 

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Erste Voraussetzung: sexuelle Berührung

Die erste Voraussetzung ist eine sexuelle Berührung. Sexuelle Handlungen ohne Berührung können im digitalen Bereich oder als Beleidigung strafbar sein. Bei der sexuellen Belästigung stellt sich die Frage, wann eine Berührung sexuell konnotiert ist. Dies ist aus den objektiven Umständen zu ermitteln. Beeinhaltet sein können zum Beispiel:

  • Kuss und versuchter Kuss: Schon der Versuch, jemanden ungefragt zu küssen, kann als sexuelle Belästigung angesehen werden.
  • Berühren oder Anfassen der Brust: Unerwünschtes Berühren der Brust gilt eindeutig als sexuelle Belästigung.
  • Berühren des Gesäßes: Auch das Berühren des Gesäßes, zum Beispiel in einem überfüllten Raum, kann strafbar sein.
  • Berührungen im Intimbereich: Diese sind besonders schwerwiegend und fast immer strafbar.
  • Berühren der Beine (aber nicht bloßes „freundschaftliches Tätscheln“): Das Streicheln oder Berühren der Beine einer Person, insbesondere in einem Kontext, der als sexuell konnotiert wahrgenommen wird, kann ebenfalls strafbar sein.

Achtung: Schon das Antanzen im Club oder der erste Kussversuch bergen erhebliche Strafbarkeitsrisiken und können zu einem Strafantrag wegen sexueller Belästigung führen.

 

Zweite Voraussetzung: Kein Einverständnis

Wenn das Gegenüber mit der Handlung einverstanden ist, liegt ein sogenanntes tatbestandsauschließendes Einverständnis vor. Der Tatbestand ist dann also nicht erfüllt.

In folgenden Situationen ist die Frage der Einverständnis nicht eindeutig, sodass die Tat im Kontext ggf. als sexuelle Belästigung ausgelegt werden kann:

  • Missverständnisse beim Flirten: Es kann vorkommen, dass eine Person glaubt, das Einverständnis der anderen Person zu haben, obwohl dies nicht der Fall ist. In solchen Fällen kann es zu Missverständnissen kommen, die später strafrechtliche Folgen haben können.
  • Annahme von Zustimmung durch Körpersprache: Ein Mitarbeiter interpretiert das Lächeln und die offene Körperhaltung einer Kollegin während eines Gesprächs als Zustimmung zu einer leichten Berührung ihrer Hand. Die Kollegin empfindet diese Berührung jedoch als unangemessen. In solchen Fällen kann das Fehlen eines klaren „Nein“ zu Missverständnissen führen, die rechtlich relevant werden können.

Achtung: Häufig behaupten Anzeigenerstatterinnen im Nachgang, sie seien mit den Handlungen nicht einverstanden gewesen, obwohl dies in der Situation anders wirkte.

 

Dritte Voraussetzung: Belästigungserfolg beim Gegenüber

Die Tatbestandserfüllung ist vom subjektiven Empfinden des Gegenübers abhängig. Freut sich das Gegenüber zum Beispiel über einen Kuss, erwidert diesen oder ist lediglich irritiert, ist der Tatbestand nicht erfüllt. Ist das Gegenüber aber verschreckt, angeekelt oder „sexuell verschrocken“ kann der Tatbestand erfüllt sein.

So zum Beispiel in diesen Szenarien:

  • Berührung im Büro: Ein Mitarbeiter legt die Hand auf die Schulter eines Kollegen. Der Kollege empfindet dies als unangemessen und belästigend.
  • Flirtversuch: Ein Kollege berührt bei einem Flirtversuch leicht die Hand einer Kollegin. Die Kollegin fühlt sich dadurch bedrängt und belästigt.
  • Umarmung nach einer Präsentation: Ein Vorgesetzter umarmt einen Mitarbeiter nach einer erfolgreichen Präsentation. Der Mitarbeiter empfindet die Umarmung als unangemessen und belästigend.

 

Vierte Voraussetzung: Vorsatz

Wenn der Beschuldigte davon ausging, die sexuelle Handlung sei erwünscht, fehlt es am Vorsatz. Aber Achtung: Das muss die Staatsanwaltschaft oder ein Gericht erst einmal glauben. Teilweise behaupten Anzeigenerstatterinnen wahrheitswidrig, dass sie sehr deutlich gemacht hätten, dass die belastende Aussage unwahr ist.

Wie immer, kommt es auch im Kontext von sexueller Belästigung in dieser Aussage-gegen-Aussage-Situation bei der Verteidigungsarbeit auf Aussagepsychologie an. Das Gesetz zur sexuellen Belästigung stellt hier hohe Anforderungen an die Beweisführung. Situationen, in denen ein Vorsatz schwer abzustreiten ist, wären zum Beispiel die folgenden:

  • Unangemessene Berührung trotz Protest: Ein Mitarbeiter berührt seine Kollegin mehrfach an der Schulter, obwohl diese ihm deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass sie dies nicht wünschte. Der Mitarbeiter wusste, dass die Berührung unerwünscht war, handelte aber trotzdem.
  • Absichtliche Provokation: Ein Mitarbeiter im Fitnessstudio macht absichtlich anzügliche Bemerkungen gegenüber einer Sportlerin, obwohl er weiß, dass sie diese als störend empfindet.
Bundesweite Erfolge im Sexualstrafverfahren

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Sexuelle Belästigung bei der Arbeit ist ein besonders heikles Thema, da neben der Strafbarkeit der sexuellen Belästigung auch schwerwiegende berufliche Konsequenzen drohen. Arbeitnehmer, die Opfer sexueller Belästigung werden oder sich eine solche ausdenken, erstatten häufig eine Strafanzeige wegen sexueller Belästigung. Bei Aussage-gegen-Aussage-Situationen wird häufig vorschnell der Anzeigeerstatterin Glauben geschenkt.

Achtung: Besonders im Arbeitskontext sind auch oft Machtverhältnisse und -dynamiken relevant. Eine Mitarbeiterin kann sich unter Druck gesetzt fühlen, weil die belästigende Person eine höhere Position innehat, was ihre Bereitschaft, sich zu wehren, erheblich verringern kann. Ihre Fähigkeit, eine Strafanzeige zu erstatten, wird dadurch nicht geschwächt.

Das Gesetz über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz verpflichtet den Arbeitgeber, für ein belästigungsfreies Arbeitsumfeld zu sorgen. Unerwünschte Berührungen im Kontext anzüglicher Bemerkungen oder andere sexuell bestimmte Handlungen, die im Arbeitskontext erfolgen, können den Tatbestand sexuelle Belästigung erfüllen. Daher sind Beschuldigte gut beraten, rechtzeitig rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich von einem versierten Anwalt mit Fokus auf Sexualstrafrecht verteidigen zu lassen.

 

Welche Strafe droht beim Vorwurf der sexuellen Belästigung?

Der Strafrahmen reicht von einer Geldstrafe bis hin zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe. In besonders schweren Fällen (in der Regel, wenn die Tat gemeinschaftlich verübt wird), erkennt das Gericht mindestens auf eine dreimonatige Freiheitsstrafe und sanktioniert das Vergehen im Höchstfall mit fünf Jahren Freiheitsentzug.

§ 184 i StGB und schärfere Strafen für sexuelle Belästigung seit 2017

Der im Rahmen der Reform des Sexualstrafrechts im Sommer 2017 eingeführte § 184 i StGB kriminalisiert unerwünschte sexuelle Berührungen, die als belästigend empfunden werden. Die Reform wurde in einer sehr emotional geführten „Nein-ist-Nein“-Debatte diskutiert und hat zu einer weiten und teilweise unklaren Auslegung des Tatbestandes geführt.

Kritiker bemängeln, dass nun auch Handlungen strafrechtlich verfolgt werden können, die bisher als harmlos galten. Die Folgen für die Betroffenen können gravierend sein: Selbst ein unbeabsichtigtes Fehlverhalten kann zu einem öffentlichen Gerichtsverfahren, einem Eintrag im Führungszeugnis und einer empfindlichen Strafe führen. Die Strafe für sexuelle Belästigung ist dabei nicht nur ein juristisches, sondern auch ein gesellschaftliches Thema, das in der Rechtsprechung immer wieder für Diskussionen sorgt. Es ist daher unerlässlich, sich der rechtlichen Risiken bewusst zu sein und im Zweifelsfall frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen.

 

Anwalt für Sexualstrafrecht beim Vorwurf sexuelle Belästigung

Mit dem weiten Tatbestand der sexuellen Belästigung steigt auch für rechtstreue Bürger die Gefahr, zu Unrecht mit einem Strafverfahren überzogen zu werden. In diesem Falle sollte rechtzeitig ein im Sexualstrafrecht versierter Strafverteidiger zu Rate gezogen werden. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig und das sexualstrafrechtliche Team von Defensio sind bundesweite gefragte Experten im Sexualstrafrecht. Durch die Dozententätigkeit von Strafverteidiger Dr. Hennig ist das gesamte Team mit sämtlichen Gesetzesänderungen und aktueller Rechtsprechung stets bestens vertraut.

In der Regel können wir durch gut begründete schriftliche Anträge eine Druckschwelle bei der Staatsanwaltschaft erzeugen, so dass diese beim Vorwurf der sexuellen Belästigung keine Anklage erhebt. Das bedeutet dann auch:

  • keine öffentliche Gerichtsverhandlung,
  • keine Eintragung im Führungszeugnis und vor allem
  • keine Strafe

 

Bei einer Vorladung wegen sexueller Belästigung können wir den Termin bei der Polizei absagen und Akteneinsicht beantragen. Nach Akteneinsicht arbeiten wir vielfach heraus, dass die belastende Aussage unwahr ist und oder einzelne Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

Der Vorwurf der sexuellen Belästigung sollte unbedingt ernst genommen werden. Auch eine Geldstrafe kann zu einem Eintrag im Führungszeugnis führen und damit auch immer zu einer Eintragung im Zentralregister!

Unser oberstes Ziel für unsere Mandanten lautet: Keine Strafe, keine öffentliche Gerichtsverhandlung, keine Eintragung im Führungszeugnis.

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FAQ

Was ist eine sexuelle Belästigung?

Eine sexuelle Belästigung ist eine vorsätzliche sexuelle Berührung, die das Gegenüber belästigt. Achtung: Ohne körperliche Berührung kommen anderen Tatbestände in Betracht. Häufig wird eine Berührung wahrheitswidrig behauptet.

Welche Strafe droht bei sexueller Belästigung?

Bei einer sexuellen Belästigung droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. In besonders schweren Fällen kann die Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren betragen. Es droht zudem eine Eintragung im Zentralregister und im Führungszeugnis.

Was tun bei Vorladung wegen einer sexuellen Belästigung?

Machen Sie bei einer Vorladung wegen sexueller Belästigung keine Aussage bei der Polizei. Schalten Sie umgehend einen Anwalt für Sexualstrafrecht ein. In der Regel kann Schlimmeres verhindert werden.

Was ist der Unterschied zwischen sexueller Belästigung und sexueller Nötigung?

Eine sexuelle Nötigung setzt eine sexuellen Handlung gegen den entgegenstehenden erkennbaren Wille sowie eine Drohung mit einem empfindlichen Übel (§ 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB) oder eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder aber Gewalt (§ 177 Abs. 5 StGB) voraus. Eine sexuelle Belästigung erfasst sexuelle Handlungen im unteren Bereich ohne Nötigungselement.

Themenübersicht Sexualstrafrecht

Erfahrungen & Bewertungen zu H/T Dr. Hennig & Thum Rechtsanwälte
dr-jonas-hennig
  • Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht, Strafverteidiger
  • Ausschließliche Tätigkeit im Strafrecht
  • 10 Jahre Erfahrung in allen Verfahrensstadien bundesweit
  • Zugelassen an allen deutschen Amtsgerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof für Strafsachen
  • Dozent für Straf- und Strafprozessrecht (auch FAO-Dozent: Dozent für andere Fachanwälte im Strafrecht
  • Abschluss mit Doppelprädikatsexamen (Landesbester)
  • Autor zahlreicher strafrechtlicher Publikationen
  • Spitzenbewertungen
  • Terminvereinbarung in der Regel sofort möglich
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  • Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht, Strafverteidiger
  • Ausschließliche Tätigkeit im Strafrecht
  • Zugelassen an allen deutschen Amtsgerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof für Strafsachen
  • Dozent für Strafrecht
  • Spitzenbewertungen
  • Terminvereinbarung in der Regel sofort möglich
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