STRAFRECHT
Beleidigung
§ 185 StGB
Schnell zum Inhalt:
Auf den ersten Blick handelt es sich bei dem Vorwurf der Beleidigung gemäß § 185 StGB um eine Bagatelle. Jeder Mensch spricht in bestimmten Lebenssituationen Beleidigungen aus. Dennoch verfolgen die Strafverfolgungsorgane – teils mit nicht nachvollziehbaren Eifer – den Beleidigungsvorwurf. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Beleidigung gegen Beamte (insbesondere Lehrer und Polizisten), Politiker oder Personen des öffentlichen Lebens richtet.
Was ist eine Beleidigung als Straftat?
Die Beleidigung ist in aller Regel ein ehrverletzendes Werturteil gegenüber dem Ehrträger („Du Arschloch“) oder in Bezug auf den Ehrträger gegenüber einem Dritten („Der B ist ein Arschloch“). Ebenfalls sind unwahre, ehrverletzende Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Ehrträger erfasst.
Die Beleidigung ist in § 185 Abs. 1 StGB geregelt:
„Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Wann eine strafbare Beleidigung durch Missachtung bzw. Nichtachtung der Ehre vorliegt, ist in vielen Fällen hoch komplex. Gerade bei politischen oder kritischen Äußerungen neigen Staatsanwaltschaften dazu Unschuldige zu verfolgen, die sich lediglich provokant und kritisch geäußert haben.
Im Kampf ums Recht und auch bei politischen Äußerungen sind unsachliche, provokante Vergleiche häufig von der Meinungsfreiheit (Art. 5 Grundgesetz) geschützt und unterfallen nicht dem Tatbestand der Beleidigung oder sind nach § 193 StGB – einem besonderen Rechtfertigungsgrund für Beleidigungen – straflos.
Typische Fälle der Beleidigung sind Formalbeleidigungen wie „Arschloch“. Eine Beleidigung kann auch in Form einer Geste zum Beispiel dem ausgestreckten Mittelfinger verwirklicht werden.
Erforderlich ist immer ein konkreter Ehrträger. Die Polizei, zum Beispiel durch die Aufschrift „ACAB„, ist kein beleidigungsfähiges Kollektiv. Der einzelne Polizist freilich schon.
In diesem Umfeld werden Beleidigungen begangen oder verfolgt
Es gibt Berieche, in denen Beleidigungen besonders häufig begangen oder verfolgt werden. Dazu gehören:
- Diffamierende Äußerungen gegenüber Polizisten, Politikern, Lehrern
- Posts in sozialen Medien
- Chats
- Nachbarschaftsstreitigkeiten
- Straßenverkehr
- Rassistische Beleidigungen
- Bezeichnung einer Person als Nazi
Diese Strafe steht auf Beleidigung
Das Strafmaß der Beleidigung sieht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor. Damit ist eine Eintragung im Zentralregister und im Einzelfall sogar im Führungszeugnis möglich.
Was mache ich beim Vorwurf der Beleidigung?
Wie bei jedem strafrechtlichen Vorwurf sollten Sie keine Aussage bei der Polizei machen. Dies gilt umso mehr, wenn Ihnen eine Beleidigung im Internet oder gegenüber einem Beamten vorgeworfen wird. Ein Schweigen wird nicht gegen Sie gewertet. Eine Aussage ggf. schon.
Wir können den Vorladungstermin umgehend absagen oder die Rückmeldung auf einen Anhörungsbogen übernehmen und Akteneinsicht beantragen.
Zeitnahe Termine möglich
In jedem Fall sollten Sie auch beim Vorwurf einer Beleidigung nicht unverteidigt sein. Schnell droht ein Strafbefehl mit empfindlicher Geldstrafe und Eintragung im Zentralregister, im schlimmsten Fall im Führungszeugnis.
Ist eine straflose Beleidigung möglich?
Je nach Kontextbezug und Einzelfall können auch äußerst provokante Äußerungen im Lichte der Meinungsfreiheit tatbestandslos oder gerechtfertigt sein.
So gibt es oberlandesgerichtliche Rechtsprechung, die allerdings teils von den Staatsanwaltschaften ignoriert wird, nach der im jeweiligen Kontext folgende Äußerungen straffrei waren:
- Bezeichnung eines Richters als „krimineller Lügner“
- Bezeichnung eines Richters als „schlimmer als Roland Freisler“
- Bezeichnung eines Polizisten als „Wegelagerer“ bei einer Verkehrskontrolle
Achtung: Ob solche Äußerungen straffrei sind, kommt auf den kontextualen Bezug an.
Der Unterschied zwischen Beleidigung und Verleumdung sowie übler Nachrede und den anderen Beleidigungsdelikten
Im Gegensatz zur Beleidigung nach § 185 StGB, bei welcher im Hauptanwendungsfall die Kundgabe eines die Ehre verletzenden Werturteils erforderlich ist, muss bei der Verleumdung nach § 187 StGB und bei der üblen Nachrede nach § 186 StGB eine ehrverletzende Tatsache gegenüber Dritten verbreitet oder behauptet werden. Tatsachen sind dabei Ereignisse und Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die sich beweisen lassen und damit entweder wahr oder falsch sind.
Gibt es das Delikt der Beamtenbeleidigung?
Einen gesonderten Tatbestand der Beamtenbeleidigung gibt es entgegen den Behauptungen vieler Polizeibeamter nicht. In der Praxis geht es dennoch häufig um Beleidigung von Polizisten, wobei hier die §§ 185 ff. StGB einschlägig sind. Gerade in diesem Feld zeigen die Staatsanwaltschaften ein erstaunliches Verfolgungsinteresse, weshalb Sie den strafrechtlichen Vorwurf nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten.
Experte für strafrechtliches Äußerungsrecht
Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig ist Autor der strafrechtlichen Kapitel im wichtigsten Werk des öffentlichen Äußerungsrechts im Beck-Verlag. Dort untersucht er zahlreiche Grenzfälle und die aktuelle strafrechtliche Rechtsprechung zu den Ehrdelikten.
Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig und sein Team stehen Ihnen beim Vorwurf der Beleidigung bundesweit zur Seite. In aller Regel kann mit einem gut begründeten Antrag eine strafrechtliche Sanktion durch uns abgewendet werden. Dies gilt auch bei schwerwiegenderen Vorwürfen im Internet. Im Rahmen unserer Defensio-Fälle können Sie Einstellungsberichte beim Vorwurf der Beleidigung nachlesen:
- Einstellung bei Tatvorwurf Beleidigung: Beleidigung unter Nachbarn
- Einstellung bei Tatvorwurf Beleidigung: Fremdenfeindliche Beleidigung?
Welche Chancen hat die Strafverteidigung bei einem Beleidigungsvorwurf?
Die Chancen der Strafverteidigung bereits im Ermittlungsverfahren durch einen schriftlichen Antrag die Einstellung zu erreichen sind bei entsprechender Argumentation und Berücksichtigung der einschlägigen aktuellen Rechtsprechung bei Beleidigungsdelikten gut.
Insbesondere ist der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB, die Wahrnehmung berechtigter Interessen, von größter Bedeutung. Zahlreiche Aussagen können nämlich von der grundrechtlich in Artikel 5 Grundgesetz geschützten Meinungsfreiheit gedeckt sein. Dies gilt insbesondere bei kritischen, auch die Ehre verletzenden Äußerungen gegenüber Beamten und Richtern. Hier ist eine ausgefeilte Argumentation im Einzelfall gefragt. Die Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht des Ehrträgers kann indes nur der fachkundige Jurist vornehmen. Häufig werden hier gerade bei Amtsgerichten eklatante Fehler unter Ignoranz der höchstrichterlichen Rechtsprechung gemacht. Dann führt der Weg zum denkbaren Freispruch nur über die Berufung.
FAQ
Was zählt zu einer Beleidigung?
Zu einer Beleidigung zählen alle ehrverletzenden Werturteile über eine Person, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Auch Gesten wir der gestreckte Mittelfinger erfüllen den Tatbestand der Beleidigung.
Wann ist eine Beleidigung strafbar?
Eine Beleidigung ist strafbar, wenn die Äußerung derart ehrverletzend ist, dass ein anderer Mensch in seinem Geltungsanspruch herabgesetzt wird und auch die Meinungsäußerungsfreiheit keine Rechtfertigung bewirkt. Eine klare Grenzlinie existiert oftmals nicht. Es geht um Argumentation im Einzelfall. Formalbeleidigungen wie „Arschloch“ sind regelmäßig strafbar.
Ab wann ist eine Beleidigung verjährt?
Die Beleidigung verjährt nach drei Jahren.
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