von: Rechtsreferendar Jochen Kolterer
In einem Beschluss vom 25.01.2022 hat der BGH Stellung zu der Frage bezogen, ob es Drogen- und Alkoholabhängigen Täter zugutekommen darf, wenn sie bei der Tatbegehung berauscht waren.
Worum ging es im Ausgangsfall?
Anlass der Entscheidung war die vorausgegangene Verurteilung eines Angeklagten u.A. wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit und gefährlicher Körperverletzung durch das Landgericht Osnabrück. Das Gericht hatte dabei festgestellt, dass der Täter schwer Suchtkrank war, und bei Tatbegehung wegen seines vorherigen Alkohol- und Drogenkonsums nur vermindert Schuldfähig war. Die Strafe minderte das Gericht deswegen jedoch nicht.
Schuldfähigkeit ist nicht gleich Schuldfähigkeit
Bei der Frage der Schuld, also der persönlichen Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, unterscheidet das Recht zwischen (absoluter) Schuldunfähigkeit, welche gem. § 20 StGB zwingend zum Freispruch führt, und verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB, bei deren Vorliegen die Strafe gemildert werden „kann“. Und genau in diesem Wort liegt auch der Knackpunkt. Denn ob die Strafe tatsächlich gemindert wird, liegt im Ermessen des Gerichts. Das Landgericht hatte sich hier gegen diese Möglichkeit entschieden, da der Anklagte seine verminderte Schuldunfähigkeit durch Drogen- und Alkoholkonsum selbst herbeigeführt hatte.
Der BGH schreitet ein
Dem hat der BGH nun eine Absage erteilt. Denn völlig frei ist das Gericht in seiner Entscheidung nicht.
Zwar könne grundsätzlich von der Möglichkeit der Strafmilderung abgesehen werden, wenn die verminderte Schuldunfähigkeit auf eine selbst zu verantwortende Berauschung des Täters zurückzuführen ist. Dies setze aber voraus, dass diesem die Intoxikation zum Vorwurf gemacht werden könne. Dies sei bei krankhaft alkohol- oder drogensüchtigen Menschen nicht der Fall.
Das Urteil wurde daher aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Besser früh ansetzen
Die Feststellung der Schuldfähigkeit ist regelmäßig mit intimen Einblicken in das Privatleben eines Angeklagten verbunden.
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