4. Mai 2018

Tödlicher Schuss in die Brust – durch Notwehr gerechtfertigt!

In einem aktuellen spannenden Urteil (BGH, Urteil v. 13.09.2017, 2 StR 188/17) hatte sich der BGH mit den Voraussetzungen und Grenzen der Notwehr auseinanderzusetzen.

Sachverhalt:

Der spätere Angeklagte A schlief auf einem Feldweg, war alkoholisiert und hatte eine geladene Pistole bei sich. Dem späteren Opfer G, der gerade mit seinem Wagen heranfuhr, versperrte der schlafende A den Weg. G weckte den A mit einem Tritt und beschimpfte ihn. A trat dem G ins Gesäß und beschimpfte ihn ebenfalls. Der G holte daraufhin seine Jagdflinte aus seinem Wagen. Verängstigt hierüber griff A den G zunächst mit Pfefferspray an. G griff daraufhin nach seiner Flinte und hielt sie in Hüfthöhe auf den A gerichtet. A gab daraufhin zwei Schüsse in Richtung des G ab, traf ihn jedoch nur einmal am Oberarm. Auch von einem Warnschuss des A zeigte sich G unbeeindruckt und begann, an seinem Gewehr zu hantieren, um es zu laden. A wurde nunmehr völlig panisch und schoss gezielt auf den Oberkörper des G, wodurch dieser zu Boden fiel und verstarb. A entfernte sich, ohne einen Notarzt zu verständigen.

Die Entscheidung des BGH:

Der BGH hat das Urteil des Landgerichts bestätigt, welches den A nur wegen unterlassener Hilfeleistung gemäß § 323c StGB verurteilt hatte. Die Schüsse des A waren hingegen durch Notwehr gerechtfertigt gewesen (§ 32 StGB).

Ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf A lag vor! Denn G hatte bereits begonnen sein Gewehr zu laden und richtete es auch in Richtung des A.

Zentrale Frage war sodann, ob der Schuss in die Brust auch im Sinne des § 32 StGB erforderlich war. Eine Notwehrhandlung ist nur dann erforderlich, wenn sie zur sofortigen und endgültigen Abwehr des Angriffs führt und es sich um das mildeste Abwehrmittel handelt, das dem Angegriffenen zur Verfügung steht. Dabei gilt, dass der Angegriffene auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel nur dann zurückgreifen muss, wenn deren Abwehrwirkung unzweifelhaft ist und ihm genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht. Dies war hier nicht der Fall. Der Abstand zwischen A und G betrug nur wenige Meter. Zudem hatte G bereits das Gewehr auf den A gerichtet. Für einen weiteren Warnschuss hatte A daher keine Zeit mehr. Es lag eine zugespitzte Situation mit schwer kalkulierbarem Risiko vor. Aus diesem Grund war der Schuss in die Brust erforderlich, da es die einzige sichere Möglichkeit für A war, den Angriff des G abzuwehren also sofort und endgültig zu beenden.

Der Totschlag und die Körperverletzung des A waren somit durch Notwehr gerechtfertigt. A hat sich daher nur wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar gemacht, da er keinen Notarzt verständigt hatte. Hierzu ist man auch nach einer Notwehrhandlung verpflichtet.

Wenn auch gegen Sie wegen einer Körperverletzung oder eines Tötungsdeliktes ermittelt wird stehen Ihnen Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig und Fachanwalt für Strafrecht Albrecht kompetent und engagiert zur Seite.

Ein Beitrag von Rechtsreferendar Daniel Otto