1. August 2018

Steuerstrafverfahren gegen Ärzte: Drohender Entzug der Approbation

Der Entzug der Approbation und die damit verbundene Entziehung der Existenzgrundlage ist die Hauptgefahr, die Steuerstrafverfahren gegen Ärzte mit sich bringen.

1. „Nebenfolgen“ eines Steuerstrafverfahrens

 

Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Entzug der Approbation von Ärzten hat sich seit den 90er Jahren sukzessive verschärft. Das OVG NRW lehnte noch 1993 den Widerruf der Approbation eines Zahnarztes nach einer Verurteilung (Freiheitsstrafe) wegen fortgesetzter Steuerhinterziehung ab. Es sei kein strenger sozialethischer Maßstab an den Gesetzesgehorsam eines Arztes anzulegen. Der Zahnarzt sei nur „als Steuerbürger“ rechtsuntreu geworden – das reiche nicht aus für die Annahme einer „Unwürdigkeit“ im Sinne des ärztlichen Berufsrechts (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 der Bundesärzteordnung – BÄO).

Diese Zeiten sind vorbei.  Gemäß § 5 Abs. 2 BÄO i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO ist die Approbation zwingend (kein Ermessensspielraum der zuständigen Behörde) zu widerrufen, wenn der Arzt sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt.

Unzuverlässig als Arzt ist nach der Rechtsprechung, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seine beruflichen Pflichten zuverlässig erfüllen werde (OVG NRW 24.9.93, 5 B 1412/93). Unwürdigkeit liegt vor, wenn der Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist (BVerwG 9.1.91, 3 B 75.90). Erforderlich ist dazu ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das bei verständiger Würdigung aller Umstände die weitere Berufsausübung als untragbar erscheinen lässt (Niedersächsisches OVG 2.9.09, 8 LA 99/09). Das Fehlverhalten des Mediziners darf mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren sein, sodass er nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung des Berufs unabdingbar nötig ist (BVerwG 9.1.93, 3 B 75/90). Der BayVGH hat 2013 entschieden, dass eine massive Steuerhinterziehung über mehrere Jahre hinweg jedenfalls nicht mit dem gesamten Berufsbild und den Vorstellungen übereinstimmt, dass die Bevölkerung allgemein von einem Arzt hat. Wer unter Aufwendung erheblicher krimineller Energie dem Fiskus Steuern massiv, beharrlich und über einen langen Zeitraum entzieht, verliert auch ohne unmittelbar berufsbezogenes Fehlverhalten das notwendige Vertrauen in die vorrangig am Wohl der Patienten orientierte Berufsausübung. Er bringt dadurch zum Ausdruck, dass er sein gesamtes Verhalten primär an seinen eigenen finanziellen Interessen orientiert. Dies rechtfertigt die Annahme der Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs, da ein Gewinnstreben um jeden Preis zu einem erheblichen Ansehens- und Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit führt (BayVGH 19.7.13, 21 ZB 12/2581; siehe auch VG Köln 09.01.2018, 7 K 6082/15).

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO kann bereits das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn gegen einen Arzt wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet ist. Eine strafrechtliche Verurteilung verlangt das Gesetz nicht.Entsprechend dem vorläufigen Charakter der Maßnahme wird einem Arzt die Ausübung ärztlicher Tätigkeit für die Dauer eines schwebenden Strafverfahrens untersagt. Diese Präventivmaßnahme ist allerdings wegen des schwerwiegenden Eingriffs in das Grundrecht der freien Berufswahl aus Art 12 GG nur zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtiger Gemeinschaftsgüter zulässig. Die öffentlichen Belange müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Hauptverfahrens ausschließen (BVerfG 4.10.06, 1 BvR 2403/06).

Die Approbationsbehörde prüft spätestens nach Abschluss eines Steuerstrafverfahrens, ob die Voraussetzungen für den Entzug der Approbation vorliegen und knüpft dabei an die Sachverhaltsfeststellungen des Strafgerichts an.

2. Verteidigung an zwei Fronten

 

Eine erfolgreiche Steuerstrafverteidigung muss vor dem Hintergrund der existentiellen Bedrohung des Mandanten durch den Entzug der Approbation primär auf eine Einstellung mangels Tatverdacht oder Nichteröffnung eines Steuerstrafverfahrens ausgerichtet sein. Eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen gemäß § 153 a Abs. 1 StPO verhindert ebenfalls den Verlust der Approbation. Andernfalls, das Hauptverfahren wird eröffnet, bleibt eine Freispruchverteidigung das Mittel der Wahl, wobei auch in diesem Verfahrensabschnitt eine Einstellung des Verfahrens unter Auflagen gemäß § 153 a Abs. 2 StPO ein oft wünschenswerter Konsens wäre. Eine Beendigung des Strafverfahrens aufgrund einer Verständigung gemäß § 257 c StPO kann wegen des obligatorischen Geständnisses das berufsrechtliche Verwaltungsverfahren hingegen präjudizieren (von Dorrien, PStR 2016, 114) und scheidet als verfahrensrechtliches Instrument i. d. R aus.

Bereits die Eröffnung der öffentlichen Hauptverhandlung kann die Approbationsbehörde auf den Plan rufen, bis zur Eröffnung ist der Mandant durch das Steuergeheimnis geschützt (§ 30 AO).

Im Ermittlungsverfahren ist der Strafverteidiger hingegen auch gefordert, eine Mitteilung der Finanzbehörden und der Staatsanwaltschaft an die Approbationsbehörden zu unterbinden und einem zu weiten Verständnis der Mitteilungspflichten nach Maßgabe der MiStra (vgl. Nr. 26) entgegenzuwirken. Sofern Gegenstand des Ermittlungsverfahrens keine Nichtsteuerstrafdelikte sind, wird der Mandant weiterhin durch das Steuergeheimnis geschützt und damit auch vor dem Verlust der Approbation.

Ein Beitrag von Prof. Dr. Alexander Barth – Of Counsel bei H/T Dr. Hennig und Thum

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