von ht-strafrecht | 20. November 2023 | Defensio

Muss ich mein Handy durch Auflegen meines Fingers oder Vorhalten meines Gesichts entsperren, wenn die Polizei es mir verlangt? Antwort: Bloß nicht!

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ein Blogbeitrag von Laureen Herold

Es begleitet uns, wohin wir auch gehen. Es ist unser Notizbuch, enthält unsere Chats und Voicemails, es nimmt auf, und es filmt. Es zeigt, welche Pornos wir angeschaut und wen wir belogen haben. Dass das Smartphone das allererste ist, was die Polizei bei einer Durchsuchung beschlagnahmt, darf also nicht verwundern. Bei seiner Entsperrung mithelfen müssen wir nicht.

 

Ohne digitale Endgeräte ist unser moderner Alltag nicht mehr vorstellbar. Im Jahr 2021 waren rund 88% aller Deutschen im Besitz eines Smartphones.

Dass niemand dazu gezwungen ist, im Falle einer Beschlagnahme den PIN herauszugeben, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Gleiches gilt aber für die so genannte biometrische Entsperrung mittels Fingerabdrucks oder Vorhalten des Gesichts.

 

Beschlagnahme, und dann?

Für die Strafverfolgungsbehörden besteht die Möglichkeit der Beschlagnahme der Smartphones und der darauf gespeicherten Daten. In der Regel hat jeder den Zugriff auf sein Smartphone gesperrt. Ein Apple-Gerät mit einem vierstelligen PIN wird im Durchschnitt in 6:30 Minuten, mit einem sechststelligen PIN im Durschnitt in 11 Stunden entschlüsselt. Allerdings kann die Entschlüsselung auch deutlich länger dauern. Je moderner ein Smartphone ist, umso langwieriger ist die Entschlüsselung. Und wenn jemand besonderen Aufwand zur Sicherung getrieben hat, dann kann eine Entschlüsselung im Einzelfall auch komplett scheitern.

Einen Fehler sollte man jedoch nicht machen: Das sechsstellige eigene Geburtsdatum als Entsperrcode verwenden. Es ist das allererste, womit es die Polizei versucht.

Um den zeit- und kostenintensiven Aufwand zu umgehen, kann die Frage aufgeworfen werden, ob die Behörden auf die biometrische Verschlüsselung (wie Fingerabdruck/ Gesichtserkennung) zugreifen können. Können die Behörden einen Beschuldigten – entgegen seines Willens – zwingen, den Finger auf den Fingerabdrucksensor oder das Gesicht vor die Linse zu halten?

 

Gesetzliche Regelung

Die Strafprozessordnung explizit regelt ein solches Vorgehen nicht. In der Praxis sind die Strafverfolgungsbehörden dennoch dazu übergangen, die Regelung des § 81b StPO anzuwenden. Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden

 

Unvereinbarkeit mit Selbstbelastungsfreiheit

Das Vorgehen der Behörden ist mit der Selbstbelastungsfreiheit (nemo-tenetur-Grundsatz) nicht vereinbar. Nach diesem Grundsatz darf niemand gezwungen werden, sich selbst zu belasten. Einem Beschuldigten steht es danach frei, sich zum Tatvorwurf zu äußern oder von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Er darf er nicht gezwungen werden, aktiv an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Zur Mitteilung des PIN-Codes darf er nicht gezwungen werden. Gleiches muss für die Verschlüsselung mit biometrischen Merkmalen gelten.

 

Verwertbarkeit im Strafverfahren?

Sollte die Entschlüsselung dennoch zwangsweise durchgeführt werden, muss dies in der Praxis zu einem Verbot der Verwertung der vom Smartphone sichergestellten Daten führen.

 

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Dann zögern Sie bitte nicht, sich an die H/T Defensio Strafverteidiger zu wenden. Vereinbaren Sie noch heute einen Beratungstermin, online oder an einem unserer Standorte in Norddeutschland, Nordrhein-Westfalen oder Frankfurt am Main.