Steuerhinterziehung
Welche Strafe ist im Falle einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung zu erwarten?
Schnell zum Inhalt:
Hinsichtlich der genauen Strafhöhe hat der BGH folgende Leitlinien entwickelt:
- Bis zu einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 Euro ist grundsätzlich eine Geldstrafe vorgesehen.
- Beträgt die Summe der hinterzogenen Steuern mehr als 50.000 Euro wird grundsätzlich eine (gegebenenfalls zur Bewährung ausgesetzte) Haftstrafe ausgeurteilt
- Werden mehr als 1 Mio. Euro Steuern hinterzogen, ist der Täter laut BFH zwingend mit einer grundsätzlich nicht bewährungsfähigen Haftstrafe zu bestrafen.
Es handelt sich hierbei keinesfalls um starre „Straftarife“, da die Strafe dennoch je nach Einzelfall variieren kann. Die Regeln zur Strafschärfung und Strafmilderung gelten weiterhin, sodass ein Gericht von diesen Richtwerten sowohl nach oben als auch nach unten abweichen kann. Gemäß § 46 sind demnach unter anderem
- die Beweggründe und Ziele des Täters
- die Auswirkungen der Tat sowie
- das Vorleben und Nachtatverhalten
maßgeblich für die genaue Höhe der Strafe.
Dennoch zeigt das obige Schema, dass seitens des BFH ein neues Zeitalter eingeläutet wurde und die Steuerhinterziehung nicht mehr als Kavaliersdelikt gilt.
Bis zu einem Betrag von 1.000 Euro ist zudem oftmals eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen möglich.
Zunehmende Einleitung von Steuerstrafverfahren: Wie gelang man in den Fokus der Steuerfahndung?
Die vermehrte Einleitung von Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ist zum einen durch den Ankauf gestohlener Daten (sogenannte Steuer-CDs) durch die Finanzbehörden zu erklären. Zum anderen sind die Betriebsprüfer der Finanzbehörden angewiesen worden, den Verdacht auf Steuerstraftaten schneller und häufiger zu melden. Ebenfalls erfolgen mehr digitale Meldungen an die Erbschafts- und Schenkungssteuerstellen. Zuletzt ist eine Zunahme an Kassenprüfungen zu verzeichnen, insbesondere in Gewerben, die einen besonders hohen Anteil an Barumsätzen haben (z.B. Gastronomie).
Steuerhinterziehung – Tatbestandsvoraussetzungen: Taterfolg
Voraussetzung für die Steuerhinterziehung als Erfolgsdelikt ist zunächst der Taterfolg in Form einer Steuerverkürzung oder eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils. Die Gefährdung des Steueranspruchs des Staates genügt diesen Anforderungen.
Der klassische Fall besteht in der zu niedrigen Festsetzung z.B. der Einkommens-, Körperschafts- Umsatz- oder Erbschaftssteuer im vom Finanzamt erlassenen Steuerbescheid.
Ist der Taterfolg nicht eingetreten, kommt gemäß § 370 Abs. 2 AO möglicherweise eine Strafbarkeit wegen des Versuchs der Steuerhinterziehung in Betracht.
Steuerhinterziehung – Tatbestandsvoraussetzungen: Unrichtige Angaben
Weiterhin gehört zu den Tatbestandsvoraussetzungen, dass gegenüber dem Finanzamt unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht wurden. Der Begriff „Angaben“ umfasst alle Informationen gegenüber den Finanzbehörden (auch mündliche) und nicht nur solche, die im Rahmen einer Steuererklärung abgegeben wurden. Der Tatbestand kann auch durch das Verschweigen erheblicher Tatsachen erfüllt sein.
Steuerhinterziehung – Tatbestandsvoraussetzungen: Vorsatz
Der Täter muss auch vorsätzlich gehandelt haben. Vorsatz ist entgegen der weit verbreiteten Ansicht nicht mit Absicht gleichzusetzen: Vorsatz liegt bereits dann schon vor, wenn der Eintritt des Taterfolgs (z.B. Steuerverkürzung) für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen wurde.
„Eine fahrlässige Steuerhinterziehung existiert zwar nicht, dennoch kann eine ungewollte Steuerverkürzung möglicherweise im Rahmen der leichtfertigen Steuerverkürzung gemäß § 378 AO als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Besonders vor diesem Hintergrund, sollten Sie gegenüber Ermittlungsbehörden und der Steuerfahndung beim Vorwurf der Steuerhinterziehung zunächst schweigen. Nur so bleiben alle Verteidigungschancen gewahrt!“
Besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung
Von einer schweren Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 AO wird in der Regel gesprochen, wenn Steuern in großem Ausmaß verkürzt wurden (ab 50.000 Euro pro Tat) oder die besondere Stellung als Amtsträger ausgenutzt wurde. Ebenso wiegen Taten, bei denen nachgemachte oder verfälschte Belege verwendet wurden und auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer gerichtete Bandentaten (z.B. sogenannte „Umsatzsteuerkaruselle“) regelmäßig besonders schwer.
An den Begrifflichkeiten „regelmäßig“ bzw. „in der Regel“ kann erkannt werden, dass es sich um sogenannte Regelbeispiele handelt. Das Gericht geht bei deren Vorliegen demnach grundsätzlich von einem besonders schweren Fall aus. Es kann jedoch trotz Vorhandensein eines Regelbeispiels den besonders schweren Fall auch ablehnen, andersherum aber trotz Nichterfüllung einen besonders schweren Fall aufgrund anderer Umstände bejahen.
Täterschaft und Teilnahme: Muss der Täter immer Begünstigter der Steuerhinterziehung sein?
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass nur der Steuerpflichtige selbst Steuern hinterziehen kann. Als Täter können Personen auch dann in Betracht kommen, wenn sie selbst nicht unmittelbar von der Tat profitieren.
Dies ist insbesondere bei Eheleuten relevant, die eine gemeinsame Steuererklärung abgeben. Manipuliert einer der Gatten die Angaben des anderen ohne dessen Wissen, kann auch er für die möglicherweise verkürzte Steuer seines Partners strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Strafbar ist nicht nur die Täterschaft selbst, sondern auch Formen der Teilnahme an der Steuerhinterziehung. Praxisrelevant ist die Beihilfe gemäß § 27 StGB: Besonders häufig sehen sich Bankberater, Steuerberater und Angestellte eines angeblichen Steuerhinterziehers dem Vorwurf der Beihilfe zu dessen Tat ausgesetzt. Insbesondere bei vorgenannten Berufsgruppen und sogenannten berufstypischen Handlungen ist die Abgrenzung zwischen straflosen, sozialadäquaten Tätigkeiten und strafbaren Beihilfehandlungen besonders schwierig und bedarf tiefgehender, sicherer Kenntnisse im allgemeinen Teil des Strafrechts und des Steuerstrafrechts.
H/T Defensio Strafverteidiger: Expertise im Steuerstrafrecht
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