STEUERSTRAFRECHT

Strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung & anderen Delikten

Sollten Sie über eine Selbstanzeige wegen einer Straftat nachdenken, empfehlen wir Ihnen, im Vorfeld unbedingt mit einem auf das Strafrecht spezialisierten Anwalt zu sprechen. Dieser wird Ihnen in einem Erstgespräch erläutern können, ob – und falls ja in welchem Umfang – in Ihrem Fall eine Selbstanzeige sinnvoll ist oder nicht. Eine voreilig bei der Polizei getätigte Aussage kann später möglicherweise zu Ihren Ungunsten ausgelegt werden.

Selbstanzeige Steuerhinterziehung

Wie bei jeder anderen Straftat steht es dem Täter frei, seine Tat selbst anzuzeigen. Im Unterschied zu allen anderen Delikten stellt eine wirksame Selbstanzeige hinsichtlich einer Steuerhinterziehung einen persönlichen Strafaufhebungsgrund dar. Dies bedeutet: Ist der Täter freiwillig zur Steuerehrlichkeit zurückgekehrt, bleibt er straffrei. Hieraus folgt auch der Begriff strafbefreiende Selbstanzeige.

Dieses Institut ist im deutschen Strafrecht einmalig: Bei anderen Delikten wird die Selbstanzeige bei einer Verurteilung lediglich strafmildernd berücksichtigt und ebnet nur im Einzelfall den Weg zu einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens.

Aus diesem Grund ist die Möglichkeit, durch eigene Offenlegung des Sachverhalts Straffreiheit zu erlangen, gesellschaftlich umstritten. Durch öffentlichkeitswirksame Steuerstrafverfahren, z.B. das Verfahren gegen FC Bayern München-Funktionär Uli Hoeneß oder die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, ist die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige vielfach diskutiert worden. Nicht zuletzt aufgrund dieser Debatte ist der § 371 AO im Jahre 2015 erheblich verschärft worden.

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Strafbefreiende Selbstanzeige: Königsdisziplin im Steuerstrafrecht

Die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige gilt zu Recht als schwerste Disziplin auf dem Gebiet des Steuerstrafrechts.

Soll der Sachverhalt gegenüber den Strafverfolgungsbehörden offengelegt werden, gilt der Grundsatz „alles oder nichts“: Nur eine wirksame Selbstanzeige hat strafbefreiende Wirkung. Bereits ein einziger, auf den ersten Blick unwesentlicher Fehler bei der Anfertigung der Richtigstellungserklärung kann zur Unwirksamkeit führen, sodass die Anzeige ihre strafbefreiende Wirkung verliert.

Nicht zuletzt deshalb bieten viele Kanzleien die Anfertigung einer steuerstrafrechtlichen Selbstanzeige nicht an: Nicht nur die Auswirkungen einer Unwirksamkeit sind enorm, zusätzlich bietet der § 371 AO eine Vielzahl an Fallstricken.

Es bedarf für die Ausarbeitung demnach nicht nur sicherer strafrechtlicher, sondern auch exzellenter steuerrechtlicher Kenntnisse. Weiterhin steht dem Ensemble aus Strafverteidigern und Steuerberatern oftmals nur ein ausgesprochen kurzes Zeitfenster für die straf- und steuerrechtliche Bewertung sowie die fehlerfreie Anfertigung der Selbstanzeige zur Verfügung.

Vorgenannte Hürden sind der Grund, weshalb nur wenige, ausgewählte Teams aus Juristen die strafbefreiende Selbstanzeige in ihrem Portfolio führen.

 

Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige

Für die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige bei einer Steuerhinterziehung existieren zahlreiche Wirksamkeitsvoraussetzungen. Es wird hierbei zwischen positiven Voraussetzungen (zu erfüllende Vorgaben) und negativen Voraussetzungen (sogenannte „Sperrgründe“) unterschieden.

Positive Wirksamkeitsvoraussetzung: Zeitliches Vollständigkeitsgebot

Die Berichtigungsanzeige muss sich auf alle unverjährten Steuerstraftaten, mindestens aber auf alle Steuerhinterziehungen der letzten zehn Kalenderjahre zu erstrecken. Hierbei besteht die besondere Schwierigkeit, dass strafrechtliche und steuerliche Verjährungsfristen unterschiedlich zu laufen beginnen. Ebenso ist bei der Erstellung der Selbstanzeige bei einer Steuerhinterziehung zu prüfen, ob die Verjährung in der Vergangenheit ruhte oder unterbrochen wurde.

Positive Wirksamkeitsvoraussetzung: Sachliches Vollständigkeitsgebot

Weiterhin genügt es nicht, den Finanzbehörden lediglich mitzuteilen, dass Steuerstraftaten begangen wurden. Sämtliche Angaben sind nachträglich so zu machen, dass der Behörde nunmehr alle richtigen und vollständigen Informationen vorliegen. Der Begriff „Berichtigungserklärung“ trifft den Kern des Vorgangs somit eher als der Begriff „Selbstanzeige“ bei einer Steuerhinterziehung.

Kommentar von Prof. Dr. Alexander Barth:

„In der Erfüllung des sachlichen Vollständigkeitsgebot liegt oftmals die größte Herausforderung, da über viele Jahre erfolgte Transaktionen nachträglich einzeln nachgewiesen werden müssen.

In vielen Fällen reicht wegen einer möglicherweise bevorstehenden Entdeckung die Zeit hierfür nicht mehr aus. Das wohl prominenteste Beispiel einer unwirksamen Selbstanzeige wegen Nichterfüllung des sachlichen Vollständigkeitsgebots ist der Fall Uli Hoeneß. Kontaktieren Sie daher rechtzeitig eine in der Erstellung von Selbstanzeigen nach § 371 AO versierte Kanzlei. Ebenso ist die Mitwirkung des Mandanten (kurzfristige Bereitstellung aller relevanten Unterlagen) unverzichtbar.“

Sperrgründe: Prüfungsanordnung, Einleitung eines Verfahrens, Erscheinen eines Amtsträgers

Wurde dem Steuerpflichtigen die Anordnung einer Steuerprüfung bekanntgegeben, entfaltet eine danach abgegebene Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung mehr, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung. Damit ist eine Teilselbstanzeige noch möglich, um den strafrechtlichen Schaden zu begrenzen. Mit der Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens ist es hingegen für eine strafbefreiende Selbstanzeige zu spät.  Gleiches gilt, wenn seitens der Strafverfolgungsbehörden bereits ein Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren eingeleitet wurde oder ein Amtsträger (beispielsweise Steuerfahnder) zu einer Steuerprüfung oder zum Zwecke strafrechtlicher Ermittlungen erschienen ist.

 

Sperrgrund: Tatentdeckung

Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist unwirksam, wenn die Steuerstraftat (z.B. Steuerhinterziehung) bereits entdeckt wurde und der Täter hiervon Kenntnis hatte. Hierbei ist bemerkenswert, dass die Tat auch als entdeckt gelten kann, wenn die Strafverfolgungsbehörden noch keine Kenntnis hiervon haben. Eine Tatentdeckung kann demnach beispielsweise auch durch einen Journalisten erfolgen.

Hinsichtlich des Merkmals „Tatentdeckung“ existieren zahlreiche Meinungsstreitigkeiten und teils fragwürdige höchstrichterliche Entscheidungen. Erschwerend kommt hinzu, dass im Gesetzeswortlaut diverse ungenaue Formulierungen verwendet wurden.

Sperrgrund: Erheblicher Betrag oder besonders schwerer Fall

In besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 Nr. 2-5 AO ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht möglich.

Grundsätzlich gilt dies auch für Taten, durch die über 25.000 Euro Steuern pro Tat hinterzogen worden sind. Mit § 398 a AO schafft der Gesetzgeber jedoch die Möglichkeit, durch Zahlung eines sogenannten „Strafzuschlags“ auch bei erheblichen Beträgen Straffreiheit bei einer Steuerhinterziehung zu erlangen.

Strafbefreiende Selbstanzeige aus Kostengründen selbst verfassen?

Oben aufgeführte Bedingungen sind nur ein Bruchteil der möglichen Fallstricke bei der Abfassung einer Berichtigungserklärung nach § 371 AO. Einem steuer- und strafrechtlichen Laien ist die Beachtung aller, teils nicht durch Gesetz, sondern durch Rechtsprechung formulierter Wirksamkeitsbedingungen unmöglich. Sehen Sie daher unbedingt von ab, gegenüber dem Finanzamt Erklärungen abzugeben, ohne sich im Vorfeld umfassend anwaltlich beraten zu haben. Achten Sie insbesondere darauf, eine mit der Abfassung einer strafbefreienden Selbstanzeige wegen einer Steuerhinterziehung erfahrene Kanzlei mit sowohl straf- als auch steuerrechtlicher Expertise zu mandatieren.

Expertise im Steuerstrafrecht und bei Selbstanzeigen

Steuerberater und Strafverteidiger Prof. Dr. Barth kann für Sie die Möglichkeit der Straflosigkeit durch eine freiwillige Berichtigungserklärung prüfen. Sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt werden können, werden sie gemeinsam mit Ihnen die die Selbstanzeige ausarbeiten.

Steuerberater und Volljurist Prof. Dr. Barth verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Praxis und der Theorie des Steuerrechts. Als Hochschullehrer und Ausbildungsleiter steuerrechtlicher Seminare sowie Autor zahlreicher steuerrechtlicher Publikationen verfügt er über exzellentes und stets aktuelles Wissen zum ständig im Wandel begriffenen Steuerrecht. Dieser Wissensvorsprung zahlt sich in jedem steuerstrafrechtlichen Verfahren und insbesondere bei der Prüfung einer Selbstanzeige aus. Sein theoretisches Fundament ist gepaart mit umfassender Praxiserfahrung insbesondere durch eine Vielzahl von umfangreichen steuerrechtlichen Beratungsmandaten. Hinzu kommt seine zurückliegende Tätigkeit in der Finanzgerichtsbarkeit.

Mehr zur steuerstrafrechtlichen Expertise des gesamten Teams lesen Sie hier.

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