von ht-strafrecht | 09. September 2021 | Defensio

Schuldunfähigkeit schützt vor Strafe – stimmt das?

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von: Rechtsreferendarin Elger-Günther

 

Formal-juristisch ist das zutreffend. Denn Voraussetzung für jede staatliche Bestrafung ist die Schuldfähigkeit des Täters im Tatzeitpunkt. Das heißt aber nicht, dass die Tat des Schuldunfähigen ohne Konsequenzen bleibt. Das Gericht kann eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung anzuordnen. Darunter fällt unter anderem die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 Strafgesetzbuch (StGB). Deren Anordnung ist unbefristet und unterliegt daher hohen Hürden. Es muss eine Gefährlichkeitsprognose im Sinne einer „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ für die künftige Begehung erheblicher Straftaten vorliegen. Beispielsweise vielfache Beleidigungen anderer Personen können nicht zu einer Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie führen.

 

Der Maßregelvollzug soll den Täter zum Schutz der Allgemeinheit von weiteren Straftaten abhalten.

Dies geschieht durch Therapie und Sicherung. Der Vollzug der Freiheitsstrafe soll dagegen den Täter resozialisieren, ihn in die Gesellschaft wieder eingliedern. Dass dies bei der Ausgestaltung unseres Strafvollzugs bisweilen verlogen erscheint, ist ein anderes Thema. Maßregelvollzug und Strafvollzug sind jedenfalls streng voneinander zu unterscheiden. 

Wer schon einmal den Maßregelvollzug in Hamburg Ochsenzoll besucht hat, mag einen anderen Eindruck haben. Das Haus 18 auf dem Asklepios Klinik-Gelände fällt schon von weitem auf: Hohe Mauern, obenauf Stacheldraht, ganz wie die Außenmauern einer klassischen Justizvollzugsanstalt. Jeder Besucher muss zunächst eine Sicherheitsschleuse passieren, um ja keine verbotenen Gegenstände einzuschmuggeln. Auch auf den einzelnen Stationen herrschen hohe Sicherheitsvorkehrungen einem Gefängnis vergleichbar; so muss man sich etwa „durchschließen“ lassen. Anders als im Strafvollzug werden die „Insassen“ aber als Patienten behandelt und therapiert. Wird der Untergebrachte nicht mehr als Gefahr für die Allgemeinheit angesehen, ist er zu entlassen.  

Wann oder ob überhaupt ein nach § 63 StGB Untergebrachter entlassen wird, ist nicht vorhersehbar. Im Zweifel wird der Begutachtende eher von einer fortdauernden Gefährlichkeit ausgehen, als für die Begehung neuerlicher schwerer Straftaten durch den vorschnell Entlassenen verantwortlich zu sein. 

Auch wenn der Maßregelvollzug anders konzipiert ist als der Strafvollzug, bleibt er eine freiheitsentziehende Maßnahme. Der Betroffene dürfte ihn ebenso als Strafe empfinden. Strafvollzug ist zwar auch kein Erholungsurlaub. Aber bei guter Führung besteht die Aussicht auf Lockerungen, gar eine Verlegung in den offenen Vollzug. Und vor allem hat man ein festes Datum für die Rückkehr in die Freiheit vor Augen.

 

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