18. März 2020

Pressemitteilung: Richterin will trotz Corona 73-jährigen, herzkranken Hochrisiko-Patienten in öffentliche Hauptverhandlung zwingen

von: Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig

Strafverteidiger Albrecht und Strafverteidigerin Mayer aus meinem Team verteidigen in einem Verfahren am Landgericht Lübeck einen nachweislich herzkranken 73-järigen Mandanten. Schon am letzten Hauptverhandlungstag wurde ein hausärztliches Attest zur Verhandlungsunfähigkeit vorgelegt. Dies reichte der Vorsitzenden Frau von L. nicht und sie ordnete eine amtsärztliche Untersuchung an, die dann aber nicht stattfand. Ein üblicher Vorgang. Nicht der Rede wert. Doch nun verlässt die Richterin zu meiner Überzeugung den Boden des Rechts und des Anstands.

 

 

Mandant gehört zur Hochrisikogruppe des Corona-Virus

Der Mandant gehört aufgrund seines Alters, seiner Herzerkrankung und seines Zustandes zur Hochrisikogruppe des Corona-Virus. Aus Selbstschutz befindet er sich unseres Wissens nach in häuslicher Quarantäne. Eine Infizierung mit dem Corona-Virus würde nach allem, was wir derzeit über den Virus wissen, eine ernsthafte Gefahr des Todes begründen.

 

Hauptverhandlung soll trotzdem fortgeführt werden!

Die Hauptverhandlung soll trotz all dieser der Richterin bekannten Gründe am kommenden Freitag fortgesetzt werden. Diese Hauptverhandlung ist öffentlich. Schon ohne die Öffentlichkeit müsste der Angeklagte mit etwa 10 Personen in einem Raum sein. Bisher gab es im Verfahren stets eine hohe Anzahl an Besuchern und rege mediale Begleitung, so dass auch nun eine Vielzahl von Personen zu erwarten sind. Selbstverständlich haben die Verteidiger einen umfangreichen Aussetzungsantrag gestellt. Dieser wurde ohne Begründung abgelehnt. Die Richterin verwies auf eine lediglich größeren Saal. Dort könne mehr Abstand gehalten werden. Eine geradezu lächerliche Maßnahme vor dem Hintergrund, dass der Mandant allein aufgrund der Anreise und der Öffentlichkeit mit einer Vielzahl von Personen in Kontakt kommen muss.

 

Richterin handelt entgegen der Corona-Direktive des Landes Schleswig-Holstein

Die Richterin handelt damit gegen die Corona-Direktive des Landes Schleswig-Holstein, nach der die Justiz aufgefordert ist, eine sorgfältige Abwägung vorzunehmen, wenn es um die Frage der Durchführung von Terminen geht. Sämtliche anderen, zeitnah anstehenden Hauptverhandlungstermine der beiden Verteidiger wurden bereits aufgehoben und dies ohne Antrag. Dies betrifft eine Vielzahl von Verfahren bundesweit. Es handelt sich im hiesigen Fall auch nicht um eine Eil- oder Haftsache. Es gab 3 Hauptverhandlungstage, die bei Aussetzung lediglich wiederholt werden müssten.

 

Landgerichtspräsident Lübeck und Oberlandesgericht werden heute informiert

Die Richterin Frau von L. wurde mir von verschiedensten Personen aus der Justiz und Anwaltschaft außerhalb unserer Kanzlei als respektlos und verbittert beschrieben. Ihr jetziges Verhalten geht darüber hinaus. Aus meiner Sicht spielt sie mit dem Leben eines Menschen und trägt mit ihrem Verhalten aktiv zur Nichteindämmung des Corona-Virus bei.

Der Landgerichtspräsident Lübeck und das Oberlandesgericht werden heute über den Vorfall informiert.